Montag, 17. Oktober 2011
PAX Kleiderschrank
„Auf alle PAX Kleiderschränke geben wir 10 Jahre Garantie.“ steht im Ikeakatalog vom 4.10.2011. 10 Jahre! Schaut man sich das Monstrum an, denkt man das Ding müsste die nächste Jahrtausendwende überstehen. 10 Jahre.
Wir, damit sind die meisten Menschen gemeint, halten 10 Jahre Garantie für eine lange Zeit. Sind wir doch sonst nur unsere 1- maximal 3 Jahre Garantien gewöhnt, meist bezogen auf Elektrogeräte. Und selbst da erscheinen drei Jahre schon sehr viel (Auf mein MacbookPro hab ich nur ein Jahr bekommen, und die Garantie schließt den Akku aus. Was geht wohl als erstes in den Arsch).
Im laufe der Zeit werden die Garantieversprechungen immer kürzer, aber unser Gefühl für besonders hochwertige Produkte im Zusammenhang zur kürzerwerdenden Garantie immer größer. Anders ausgedrückt: je weniger es Garantie auf ein Produkt gibt, desto besser muss es also sein. Natürlich funktioniert diese Umgewöhnung der Konzerne nicht von heute auf morgen. Es ist ein schleichender Prozess, der bereits vor 100 Jahren seinen Anfang nahm. Dazu muss gesagt sein, dass die Anzahl der Jahre einer Garantieversprechung in ca 80 Prozent der Fälle auch tatsächlich für das durchschnittliche Lebensalter seines Produkts gilt.
Geplante Obsoleszens findet sich leider in jeder Produktsparte und absolut flächendeckend. Gemeint damit ist das Einplanen und Einbauen von Soll-bruchstellen, die die Lebenszeit eines Produktes absichtlich verkürzt. Es gibt die rafiniertesten Methoden ein Produkt schneller zum „sterben“ und damit zum wegwerfen zu bringen, als eigentlich notwendig. (Beispiel: dem Kunststoff von Nylonstrumpfhosen werden Zusatzmittel beigemischt, die das Gewebe durch Sonneneinstrahlung und Körperschweiß spröde werden lässt. Dadurch entstehen schneller Laufmaschen.).
Das mit anderen tiefgehenste Problem daran ist nicht, dass man diese „Verkaufsstrategie“ nicht umgehen könnte. Das Problem liegt mehr darin, dass sich dieser Situation niemand bewusst ist. Wie bereits erwähnt, erscheinen einem 10 Jahre Garantie auf den PAX Kleiderschrank als sehr lange. Dass mein Kleiderschrank, ein Möbel aus dem Anfang der 20er Jahren bereits 90 Jahre auf dem Buckel trägt, 5 Umzüge mit Auseinander- und Zusammenbau hinter sich hat und bis jetzt nicht klappert und wankt, klingt gegen 10 Jahre schon fast absurd. Jetzt könnte man natürlich behaupten „das ist ein antikes Möbelstück, vom Schreiner handgemacht und sowas gibt’s heut zutage schon gar nicht mehr“. Aber abgesehen davon dass es industriell hergestellt wurde, gibt es heut zutage durchaus noch Schreiner, die einem ein Möbelstück maßgeschneidert bauen, dass die Jahrhunderte überleben kann. Mit heutigen Mitteln sogar noch um einiges länger als noch vor 200 Jahren. Das klassische Totschlagargument gegen handgemachte Möbel ist die finanzielle Situaiotn. Ich will gar nicht behaupten dass absolut jeder Haushalt die Möglichkeiten hat, sich eine komplette Einrichtung vom Schreiner machen zulassen. Und zugegebenermasen gibt es in der tat sehr viel weniger Handwerkbetriebe als vor der industriellen Revolution. Aber es gibt dennoch ein paar verbliebene. Und die meisten arbeiten billiger als man glaubt.
Um den Möbeln zu entgehen, welche nach 15, oder lassen wir es sogar 20 Jahren sein, kaputt und unbrauchbar werden, muss man nicht sofort das gesamte Haus neu möbilieren lassen. Aber man kann mit einzelnen Sachen zumindest anfangen. Auf lange Zeit gesehen wäre der Esstisch für 600-800 euro vom Schreiner billiger als die 5-6 Tische von Ikea für 170 Euro. Man kann außerdem mit Übergangslösungen leben, wie eine komplette Generation von Studenten in den 70er und 80er Jahren, die Regale aus alten Obstkisten und Stühle aus abgesägte Baumstämmen hatten, die wahrscheinlich selbst länger als das Pressspanregal von Poco oder Segmüller halten, was zudem noch den Charme des unvollkommenen hat, wofür andere Leute ein Vermögen für ihre Dekorateure hinblechen um so einen Stil einzufangen. Aber das ist natürlich Geschmackssache.
Aber selbst für Leute die sich beim besten willen keinen Schreinertisch leisten können, gibt es genügend Möglichkeiten einem Neukauf zu entgehen. Plattformen wie Ebay, Amazon Kurz-und-Fündig und so weiter, bieten für fast alle Produktsparten gebrauchte Sachen, die oft weniger als die Hälfte kosten, nicht selten auch verschenkt werden und noch eine gute Zeit lang überleben.
Viele kaputte Gegenstände lassen sich auch mit wenig Aufwand und Kosten leicht wieder reparieren. An dieser Stelle ein Dankeschön an meine Freundin die das aufgeriebene Innenfutter meines Lieblingssakkos wieder tadellos zusammengenäht hat.

Schaut euch zu diesem Thema den film „kaufen für die Müllhalde“ auf youtube an, geht 50 Minuten lang und zeigt einem sehr unverblühmt die reale Situation in der wir uns befinden.
http://www.youtube.com/watch?v=0gqfNDCXlCQ

Grüße, Sevibal

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