Dienstag, 29. Januar 2013
verdammte scheisse!
Ich mag Busfahren an sich. Wirklich. Außer dem Taxi gibt es kein öffentliches Fahrzeug, dass durch die Stadt fährt und innen nicht, oder nur schwach beleuchtet ist, so dass man bei Nacht die Lichter der Stadt betrachten kann. Das geht nur in einem Bus, wenn man einen Sitzplatz ganz vorne links neben der Fahrerkabine ergattert. WENN man einen Sitzplatz ergattert.
Ich habe inzwischen aufgegeben darauf zu achten, an welchen Tagen, zu welcher Jahres- und Tageszeit, bei welchem Wetter und welchen Luftdruckprognosen die Busse bereits komplett überfüllt oder gähnend leer an meiner Haltestation zum Stehen kommen.

Halb neun Uhr morgens, ich bin auf dem Weg zur Arbeit. Der Bus rollt an und ein gewagter Blick ins Fenster verrät mir: zum Kotzen voll. Ich warte also, bis die wenigen Hanseln ausgestiegen sind, und bereite mich geistig darauf vor, wie Met in einen Wurstdarm in den Bus gequetscht zu werden. „Entschuldigung, Verzeihung, kann ich mal...“ Grimmige Gesichter, aber ein Stehplatz in der Mitte im Gang.
Ich suche nichts sehend, mit unzähligen Köpfen und Schultern vor meiner Nase, tastend nach irgend einer Möglichkeit mich festzuhalten. Man muss sich sehr schnell festhalten, wenn man nicht beim Anfahren des Busses noch tiefer in den Wurstdarm geschleudert werden will. Doch der Bus fährt nicht an – die Türen stehen noch offen.
Man braucht eigentlich nicht viel Alltagserfahrung beim Benutzen moderner und zeitgenössischer Fahrzeuge, um zu wissen, dass die Betreiber der öffentlichen Verkehrsmittel einen enormen Ergeiz auspacken, wenn es um die Sicherheit der Fahrgäste geht. Deshalb wurden Lichtschranken eingeführt. Die Türen schließen erst, wenn kein einziges Atom das Licht der Lichtschranken aufschreckt. Erst dann kann das Fahrzeug seinen Weg fortsetzten. So kann niemand zu Schaden kommen. Tolle Erfindung! Eigentlich.
Die Leute in meinem Bus drängen sich immer weiter weg von der Tür, die unzählige Versuche macht sich zu schließen, um im letzten Augenblick dann doch wieder aufzugehen. Um die Türen befindet sich im Radius von mindestens einem Meter gar nichts. Aber es hilft nichts, es wird weiter gepresst. In meinen rechten Rippen spüre ich eine Louis Vuitton Tasche. Keine Ahnung was da drin ist, aber es ist hart und tut weh. Von links bohrt sich die Rückenlehne eines Sitzes in meine Seite. Ich werfe eine kurzen Blick zur Tür. Drei Millimeter vor dem Zugehen schwingt sie elegant wieder auf. Die Fahrgäste drücken sich weiter nach hinten in das Innere des Buses. Von vorne drück sich ein Arsch in meinen Schritt. Der Arsch gehört einer jungen Frau. Mit dem Rücken zu mir und ihrem Hintern in mir tippt sie wild auf ihrem Smartphone herum, das sie angesichts der Enge auf Höhe ihres Halses hält. Von hinten ganz attraktiv.
Ein Ruck durchzieht den Bus. Die Türen haben es geschafft, er fährt ab. Eine Minute lang bis zur nächsten Haltestelle geniese ich den Frauenhintern in meinem Schritt, dann hält der Bus, die Türen öffnen sich wieder. Aussteigen will keiner. Aber draussen stehen zwei Leute die einsteigen wollen. Es wird weiter gepresst. Mit einem fremden Arsch von vorne drückt sich mein eigener nach hinten gegen den Schritt einer weiteren Person. Ein Mann. Wäre ja auch zu schön gewesen. In Gedanken gehe ich die Anzahl der verbleibenden Haltestationen durch, die ich noch eingekeilt zwischen Frauenarsch und Männerschritt verbringen darf. Eine Durchsage des Fahrers wedelt meine Gedanken weg. Die Leute sollen doch bitte die Tür frei machen, sonst könne er nicht weiter fahren. Es wird gepresst. Um die Tür herum leert sich eine Fläche, gefühlt so groß wie ein Fußballfeld. Die Türen wagen einen Versuch. Fehlgeschlagen. Weiter pressen. Noch ein Versuch. Fehlgeschlagen.
Ich versuche den Gedanken zu verdrängen, dass ich bereits seit zehn Minuten in der Arbeit sein sollte. Ich muss mich ablenken. Ich versuche irgendwie meine Hände Richtung Hosentasche zubewegen um mein Handy hervor zu holen und etwas Musik zu hören. Zeit wird sicher noch genug sein. Ich schaffe es mich mit Ohrhörern zu verkabeln und knipse mein Iphone an. Auf dem Display lese ich eine SMS einer Arbeitskollegin. „Hi, ist spontan, aber ich kann dich heute in der Früh mit dem Auto mit in die Arbeit nehmen, lg“. Ich schaffe es gerade noch anzufangen mich grün und blau zu ärgern, als wieder ein Ruck durch den Bus fährt. Die Hände am Smartphone habe ich keine Möglichkeit mich festzuhalten. Ich werde metertief nach hinten geschleudert und verschwinde irgendwo am Zipfel des Wurstdarms.

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Montag, 17. Oktober 2011
PAX Kleiderschrank
„Auf alle PAX Kleiderschränke geben wir 10 Jahre Garantie.“ steht im Ikeakatalog vom 4.10.2011. 10 Jahre! Schaut man sich das Monstrum an, denkt man das Ding müsste die nächste Jahrtausendwende überstehen. 10 Jahre.
Wir, damit sind die meisten Menschen gemeint, halten 10 Jahre Garantie für eine lange Zeit. Sind wir doch sonst nur unsere 1- maximal 3 Jahre Garantien gewöhnt, meist bezogen auf Elektrogeräte. Und selbst da erscheinen drei Jahre schon sehr viel (Auf mein MacbookPro hab ich nur ein Jahr bekommen, und die Garantie schließt den Akku aus. Was geht wohl als erstes in den Arsch).
Im laufe der Zeit werden die Garantieversprechungen immer kürzer, aber unser Gefühl für besonders hochwertige Produkte im Zusammenhang zur kürzerwerdenden Garantie immer größer. Anders ausgedrückt: je weniger es Garantie auf ein Produkt gibt, desto besser muss es also sein. Natürlich funktioniert diese Umgewöhnung der Konzerne nicht von heute auf morgen. Es ist ein schleichender Prozess, der bereits vor 100 Jahren seinen Anfang nahm. Dazu muss gesagt sein, dass die Anzahl der Jahre einer Garantieversprechung in ca 80 Prozent der Fälle auch tatsächlich für das durchschnittliche Lebensalter seines Produkts gilt.
Geplante Obsoleszens findet sich leider in jeder Produktsparte und absolut flächendeckend. Gemeint damit ist das Einplanen und Einbauen von Soll-bruchstellen, die die Lebenszeit eines Produktes absichtlich verkürzt. Es gibt die rafiniertesten Methoden ein Produkt schneller zum „sterben“ und damit zum wegwerfen zu bringen, als eigentlich notwendig. (Beispiel: dem Kunststoff von Nylonstrumpfhosen werden Zusatzmittel beigemischt, die das Gewebe durch Sonneneinstrahlung und Körperschweiß spröde werden lässt. Dadurch entstehen schneller Laufmaschen.).
Das mit anderen tiefgehenste Problem daran ist nicht, dass man diese „Verkaufsstrategie“ nicht umgehen könnte. Das Problem liegt mehr darin, dass sich dieser Situation niemand bewusst ist. Wie bereits erwähnt, erscheinen einem 10 Jahre Garantie auf den PAX Kleiderschrank als sehr lange. Dass mein Kleiderschrank, ein Möbel aus dem Anfang der 20er Jahren bereits 90 Jahre auf dem Buckel trägt, 5 Umzüge mit Auseinander- und Zusammenbau hinter sich hat und bis jetzt nicht klappert und wankt, klingt gegen 10 Jahre schon fast absurd. Jetzt könnte man natürlich behaupten „das ist ein antikes Möbelstück, vom Schreiner handgemacht und sowas gibt’s heut zutage schon gar nicht mehr“. Aber abgesehen davon dass es industriell hergestellt wurde, gibt es heut zutage durchaus noch Schreiner, die einem ein Möbelstück maßgeschneidert bauen, dass die Jahrhunderte überleben kann. Mit heutigen Mitteln sogar noch um einiges länger als noch vor 200 Jahren. Das klassische Totschlagargument gegen handgemachte Möbel ist die finanzielle Situaiotn. Ich will gar nicht behaupten dass absolut jeder Haushalt die Möglichkeiten hat, sich eine komplette Einrichtung vom Schreiner machen zulassen. Und zugegebenermasen gibt es in der tat sehr viel weniger Handwerkbetriebe als vor der industriellen Revolution. Aber es gibt dennoch ein paar verbliebene. Und die meisten arbeiten billiger als man glaubt.
Um den Möbeln zu entgehen, welche nach 15, oder lassen wir es sogar 20 Jahren sein, kaputt und unbrauchbar werden, muss man nicht sofort das gesamte Haus neu möbilieren lassen. Aber man kann mit einzelnen Sachen zumindest anfangen. Auf lange Zeit gesehen wäre der Esstisch für 600-800 euro vom Schreiner billiger als die 5-6 Tische von Ikea für 170 Euro. Man kann außerdem mit Übergangslösungen leben, wie eine komplette Generation von Studenten in den 70er und 80er Jahren, die Regale aus alten Obstkisten und Stühle aus abgesägte Baumstämmen hatten, die wahrscheinlich selbst länger als das Pressspanregal von Poco oder Segmüller halten, was zudem noch den Charme des unvollkommenen hat, wofür andere Leute ein Vermögen für ihre Dekorateure hinblechen um so einen Stil einzufangen. Aber das ist natürlich Geschmackssache.
Aber selbst für Leute die sich beim besten willen keinen Schreinertisch leisten können, gibt es genügend Möglichkeiten einem Neukauf zu entgehen. Plattformen wie Ebay, Amazon Kurz-und-Fündig und so weiter, bieten für fast alle Produktsparten gebrauchte Sachen, die oft weniger als die Hälfte kosten, nicht selten auch verschenkt werden und noch eine gute Zeit lang überleben.
Viele kaputte Gegenstände lassen sich auch mit wenig Aufwand und Kosten leicht wieder reparieren. An dieser Stelle ein Dankeschön an meine Freundin die das aufgeriebene Innenfutter meines Lieblingssakkos wieder tadellos zusammengenäht hat.

Schaut euch zu diesem Thema den film „kaufen für die Müllhalde“ auf youtube an, geht 50 Minuten lang und zeigt einem sehr unverblühmt die reale Situation in der wir uns befinden.
http://www.youtube.com/watch?v=0gqfNDCXlCQ

Grüße, Sevibal

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